Im Vaterland des Geistes

SCHÜLER AUS GERSTUNGEN UND ERFURT GEMEINSAM AUF STUDIENFAHRT DURCH GRIECHENLAND

Langsam und in vielfach gewundenem Kurs schiebt sich die Kriti I durch die enge Wasserstraße zwischen Korfu und Epirus. Mit Schlafsack und Luftmatratze liegen wir auf dem Oberdeck der Fähre nach Venedig und sehen Griechenland langsam am Horizont verschwinden.

Wer wir sind? Vierzig SchülerInnen (nebst begleitenden Lehrern) des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums Gerstungen und des Evangelischen Ratsgymnasiums Erfurt. Was wir hier tun? Wir sind auf dem Heimweg von unserer 12-tägigen Studienfahrt durch Griechenland.

 

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Griechenland! Das Schiff kommt langsam voran in der Adria – unsere Gedanken fliegen zurück: Wir saßen auf den Felsen der Meteora-Klöster, dem Himmel ein Stück näher;

wir standen an den Thermopylen, atmeten den Hauch von Geschichte; wir bestaunten das Relief der in sich versunken trauernden Athena und die leichtfüßig balancierende sandalenlösende Nike im großartigen Akropolismuseum von Athen; wir nahmen Platz im Dionysostheater, erklommen die Stufen zu den Propyläen, bewunderten die vollkommene Architektur des Parthenon. Wie schön das alles!

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Doch in Athen hörten wir auch eine griechische Reiseleiterin einer Schweizer Gruppe verkünden, die Deutschen sollten doch lieber wegbleiben. Und eine andere fiel lauthals ein: „We don‘t need German money!” Beklemmung machte sich breit. In der Stadt sind anarchistische Parolen auf die Mauern der klassizistischen Akademie geschmiert. Laken hängen aus Fenstern mit einem großen OXI darauf (was auf Griechisch NEIN heißt)… Als wir am nächsten Morgen Athen verlassen, ziehen Hundertschaften der Polizei auf. Es ist Generalstreik; Museen und archäologische Stätten schließen.

Doch als wir am antiken Stadion von Nemea ankommen, sind die Türen geöffnet, sitzt ein Mann im Kassenhäuschen. Zehn seiner Kollegen streiken. Er nicht. Er freut sich, dass wir da sind, gerade in diesem Jahr, in dem so viele wegbleiben. Und er erzählt von sich, davon, dass er als Vater von 4 Kindern 700 Euro brutto verdient. Theoretisch. Denn seit drei Monaten hat er keinen Lohn gesehen. Trotzdem sitzt er hier, acht Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Und er wünscht uns beim Abschied alles Gute. Genau so tut es der Herr, der spätabends mit seinem Auto vor uns herfährt, um uns verirrten Touristen den Weg zum Hotel zu zeigen. Genau so der Kellner in Tolon, in dessen großer Gaststätte nur vier Leute sitzen, der Hotelmanager in Kalamata, der viele leere Zimmer verwaltet. Wir erleben Griechenland…

An der Reling der Kriti I erinnern wir uns auch zurück an Korinth und Argos, an Epidauros und Nauplia, Mykene und Tiryns, Mistras, Bassai und Olympia. Wir sind erfüllt von der Landschaft, von Bergen, Meer und Sonne. Und gut gefüllt sind auch unsere Arbeitsblätter zu Geschichte und Demokratie, zu Archaik und Klassik, zu Plastik und Polychromie, zu byzantinischem Kirchenbau und Ikonenmalerei. Viel neu erworbenes Wissen reist nun mit auf der Kriti I, viele Eindrücke, vieles, was es in den nächsten Tagen erst zu verarbeiten gilt. Wir stehen an der Reling und nehmen Abschied von Griechenland…

Clemens Krause

 

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