TA 07.03.2008

 TA  DAS IST KEIN TURBO, DAS IST EINE SCHNECKE.

Fast zwanzig Jahre haben die alten Länder Thüringen und Sachsen zugeschaut, nun können sie es noch immer nicht. Das Abitur nach zwölf Jahren Schule ist weder eine Revolution noch eine Zumutung. Wer in Europa Spitze ist, weiß das schon lange. Die Krise im Westen hat daher weit weniger mit der Sache selbst, viel mehr mit Verkrustung eines veralteten Bildungssystems zu tun.

Vielleicht hätten ja die Kultusminister statt in Berlin im thüringischen Gerstungen tagen sollen. Dann könnten sie erleben, wie jeden Morgen hunderte Schüler aus Hessen in den kleinen Ort an der Werra einfallen, weil sie hier schneller und besser zu einem Abschluss kommen. Während an Schulen in Frankfurt oder Kassel Rebellion droht, nehmen andere Kinder einen bis zu 90 Kilometer weiten Anmarsch nach Thüringen in Kauf. Freiwillig. Kluge Kinder, das setzt in der Regel kluge Eltern und kluge Lehrer voraus. Das alles nützt aber nichts, wenn sich die Bildungsbürokratie so langsam wie im alten China bewegt. Wie gesagt im alten. Im neuen lächelt man allenfalls über die Einfalt der Deutschen. Denn nach wie vor lässt sich in diesem Land viel kopieren. Das Bildungssystem gehört nicht dazu. Auch Gerstungen war bedroht. Den Schuloberen war die deutsch-deutsche Erfolgsgeschichte suspekt. Nur Bürgerprotest verhinderte die Schließung des Gymnasiums.

06.03.2008   Von Sergej LOCHTHOFEN