13 Jahre Schüleraustausch

Gerstungen – Breda (NL)

Seit 1994 nehmen Schüler der 9. Klassen des Philipp Melanchton Gymnasiums an einem Austausch  mit gleichaltrigen Schülern aus [[Breda]] in den Niederlanden teil.
Die  Wende hat in erster Linie das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben in Deutschland geprägt, aber  bald hat sie auch ihre Wirkung auf die übrigen europäischen Länder nicht verfehlt: Anfang der neunziger Jahre gab es einen bis dahin ungeahnten Optimismus, Eigennutz und Engstirnigkeit im europäischen Bereich könne ein Ende gesetzt werden.

Im Kleinen führte das u.a. dazu, dass höhere Schulen sich nach Partnern auf die Suche machten, mit denen sie Austauschprojekte organisieren konnten. In dem Klima der frühen neunziger Jahre fanden sich Lehrer des Philipp Melanchton Gymnasiums in Gerstungen und des Mencia de Mendoza Lyceums in Breda zusammen. Seitdem kommen  in jedem Schuljahr 20 bis 25 Schüler aus Breda, von 2 Lehrern begleitet, eine Woche – mal im Herbst, mal im Winter –  nach Gerstungen und werden dort in den Familien ihrer Austauschpartner untergebracht.  Im Frühling fahren die Gastgeber aus Gerstungen nach Breda, wo sie ebenfalls bei den Familien ihrer holländischen Austauschpartner wohnen.
Gegenseitiges Interesse am Leben des Anderen zu wecken und zu fördern ist der Sinn der Sache: zu erkennen, dass die Art und Weise, wie man daheim lebt, zwar  richtig ist, aber dass es auch anders geht,  zu erleben etwa, dass die Schule in Breda einen Fahrradstand für 1300 Fahrräder hat, das Gymnasium in Gerstungen dagegen  überhaupt keinen, und dass es für beides plausible Gründe gibt!

Unsere holländischen Schüler haben, wenn sie nach Gerstungen  kommen, höchstens anderthalb Jahre Deutschunterricht  gehabt. Was sie damit anzufangen wissen, ist manchmal erstaunlich, häufig aber auch nicht. Mit ihrem noch beschränkten Wissen und Können müssen sie sich trotzdem behaupten. Notfalls können sie auf Englisch ausweichen, was auf der einen Seite den Vorteil hat, dass beide Partner sich vor die gleiche Aufgabe gestellt sehen, nämlich,  sich einer Fremdsprache zu  bedienen, auf der anderen Seite aber den Nachteil, dass sie damit nicht gerade ihre Deutschlehrer entzücken, die sich von der Begegnung ihrer Schüler mit deutschen Schülern praktischen Nutzen für ihr Fach versprechen. Ein recht abenteuerliches Spiel – wohl dem Alter entsprechend – scheint es zu sein, einander pikante Wörter aus der jeweiligen Muttersprache zu lehren.

In Breda melden sich von 150 Schülern  aus 6 Klassen  gewöhnlich  über 30 Schüler. über ein ausgeklügeltes Ausleseverfahren werden 20 bis 25 Schüler ausgewählt. Zur Teilnahme an diesem Austausch gehört schon ein wenig Mut, denn für die meisten Schüler ist es das erste Mal, dass sie sich ohne den Schutz der eigenen Familie  im Ausland aufhalten.

Im Laufe der Zeit hat sich – neben einigen Unterrichtsstunden –  ein eiserner Bestand an Ausflugszielen gebildet. In Deutschland sind das etwa Eisenach (Wartburg), Erfurt (Dom und Krämerbrücke), Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald und Weimar, das Erlenisbergwerk in Merkers.
Weiter gelegentlich die Brandenburg (mit Ritterspielen!), das Kalibergbaumuseum in Heringen (mit anschließend Besteigung des “ Monte Kali”!) und Oberhof.
In Holland werden die Deltawerke in Zeeland besucht, die Hauptstadt Amsterdam und der Regierungssitz Den Haag. Es wird eine  Kanufahrt auf dem Ringgraben in Breda gemacht sowie eine Radtour  nach Zundert, dem Geburtsort von Vincent van Gogh, 20 Km südlich von Breda.
Auch ein sportliches Treffen  gehört zum Programm, wobei die Rivalität manchmal der eines Endspiels Holland-Deutschland bei den Fußball WM gleichkommt.

Dass die Teilnehmer an ihrem Austauschabenteuer Gefallen finden, erkennt man auch daran, dass sich auf beiden Seiten immer wieder jüngere Geschwister von ehemaligen Teilnehmern  gern am Austausch  beteiligen.

Dass die Teilnehmer an ihrem Austauschabenteuer Gefallen finden, erkennt man auch daran, dass sich auf beiden Seiten immer wieder jüngere Geschwister von ehemaligen Teilnehmern  gern am Austausch  beteiligen.

Wir sind überzeugt, dass eine Aktivität im Kleinen wie dieser Schüleraustausch
einem vereinten, friedlichen Europa nützt, wenn wir uns auch bewusst sind, dass  unsere Schüler andere Dinge im Kopf haben,  wenn sie in den Bus nach Gerstungen, bzw. nach Breda steigen!

Arie Bardoel,
Lehrer am Mencia de Mendoza Lyceum in Breda (NL)