TLZ 06.10.2007

Elisabeth und ihre Zeit

 TLZ    Gestern präsentierten 16 Klassen des Melanchthon-Gymnasiums die Projekte

von Jensen Zlotowicz

Gerstungen. (ep) Die von Lisa Michulla kreierte caramelisierte Mischung aus zerkleinerter Brennnessel, öl, gemahlenen Nüssen, Honig und Zitronenmelisse taufte die Klasse 8 des Gerstunger Melanchthon-Gymnasiums kurzerhand „Mittelalter-Pesto“. Kommentar der Mitschüler,  Lehrer und Jury: vorzüglich.
Mit der „Esskultur im Mittelalter“ beschäftigen sich die Klasse 8F/R von Lehrer Jörg Fuchs in der gestern mit der Bewertung der Arbeiten abgeschlossenen Projektwoche. Zu Essen gab es reichlich und gut und der Dreibein über der Feuerstelle erfüllte seinen Zweck. Auch ein einfacher Backofen entstand auf dem Areal des Schulgartens in dieser Woche. Die Projektzeit mit dem Thema „Elisabeth“ war zugleich günstige Gelegenheit für die Schule, mehr tatkräftige Hände im Schulgarten auf zu bieten als sonst in der etwas spärlich besuchten Arbeitsgemeinschaft.
Der Schulgarten verlangt nun mal Pflege. Nützlich machte sich während der Projektwoche auch die Klasse 7 L von Klassenleiterin Annett Ulrich, die eine mittelalterliche Kräuterspirale anlegte und dabei auch das Handicap der platten Schubkarre meisterte. Neben der Praxis bewiesen sich die Schüler auch bei theoretischen Aufgaben, etwa der Kräuterkunde. Anregungen für das Kräuterbeet holten sich die Siebtklässler übrigens bei einem Besuch des Wartburg-Gartens.
Insgesamt 16 Klassen der Jahrgangsstufen 5 bis 9 legten gestern bei der Präsentation Zeugnis darüber ab, was sie in der Projektwoche geleistet haben. Die Palette reichte von Dia-Shows zur Burgenentwicklung oder Krankenpflege (einst und heute) über Plakate oder einem selbst produzierten Spielfilm. Alles unter der überschrift «Heilige Elisabeth“.
Volle Punktzahl der Jury erhielt eine Klasse 9 für ihr künstlerisches Schaffen im Schulhaus. Mit Windows-Colour-Technik zauberten sie an ein großes Fenster mehrere Bilder aus dem Leben der Heiligen. Ob diese Leistung im Schul-Wettbewerb zum ersten Platz reicht, wird sich schon am Montag zeigen.

 

Der Grenzgänger war da

Schriftsteller Landolf Scherzer las im Gymnasium Gerstungen vor Schülern

Gerstungen. (tlz) Gespannte Stille herrschte am Donnerstagabend im vollbesetzten Atrium des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums, als Uwe Becker und Landolf Scherzer das Podium betraten. Der Vorsitzende des Schulfördervereins, der das Projekt anlässlich der „Tage der Einheit“ unterstützt, war glücklich, den Schriftsteller zur Autorenlesung mit seinem wohl auch dem Anlass entsprechenden Buch „Der Grenzgänger“ begrüßen zu können. Der Autor hatte am Vorabend noch in Würzburg gelesen.
Landolf Scherzer, der zum zweiten Mal in Gerstungen weilt, besann sich zu Beginn noch einmal auf die jüngere Ceschichte des Gymnasiums. Er habe seinerzeit, als es darum ging, die einzige deutsch-deutsche Schule zu schließen, Plakate als Ausdruck des Kampfeswillens vemisst. Er freue sich dennoch und dankte allen, dass der eingeschlagene, wenn auch langwierigere Weg der Diplomatie dann doch zum Ziel geführt habe. „Gerade aufgrund der neueren und noch immer präsenten Geschichte das Gymnasiums werden die jedes Jahr veranstalteten „Tage der Einheit“ deshalb als Notwendigkeit gesehen, betonte Oberstufenleiterin Heidrun VVeyh im Gespräch.
Landolf Scherzer hatte sein Buch vor zwei Jahren veröffentlicht, nachdem er zuvor einen 1000 km langen Marsch Im ehemaligen Grenzgebiet absolviert hatte. 400 km entlang der Grenze und 600 km rechts und links hinein ins Land sei er gegangen, um die Menschen diesseits und jenseits der Grenze zu befragen, wie sie die Einheit in den letzten 15 Jahren erfahren und erlebt hatten. Nachdenklich, teilweise kurios, aber auch zum Teil belustigend waren die äußerungen der Menschen zu ihren Nachwendeerfahrungen.Mit solchen Zitaten wie zum Beispiel ..“Wir hätten die Grenzanlagen als Touristenattraktion stehen lassen sollen, die Chinesen haben ihre Mauer ja auch nicht abgerissen“ hatte Landolf Scherzer seine lockere Lesung immer wieder auch mit lustigen Begebenheiten und witzigen EinIagen gewürzt, sodass die anfänglich gespannte Stille dann doch von verhaltenem Lachen und Schmunzeln durchbrochen wurde.
Im Gespräch vor seiner Lesung hatte der Autor betont, dass er, wie viele andere Im Land, nicht glücklich darüber sei, dass dieser deutsche Geschichtsabschnitt den jungen Menschen nicht besser vermittelt wird. Die jüngeren Ostdeutschen interessierten sich schon für den ehemaligen Grenzverlauf und das Leben der Bürger dort, während die jüngeren Westdeutschen eher Fragen zu den technischen Details der Grenzanlagen hätten. Resümee: Insgesamt ist die Aufarbeitung dieser Problematik, insbesondere durch die Bildungspolitik. unbefriedigend!