Studienfahrt nach Griechenland im Mai 1999

30.April 1999, 18.15 Uhr.
Der Linienbus Gerstungen – Athen (verkehrt zweijährlich) setzte sich in Bewegung und alle,die sich schon lange auf die Fahrt gefreut (und vorbereitet!) hatten, waren an Bord.12

Nach einer ruhigen, verschlafenen Fahrt über die Alpen erreichten wir gegen Morgen eine merkwürdige Stadtim Wasser – das mußten wir uns natürlich näher ansehen.
Die dort ansässigen Wasserbewohner waren an sich ganz nett, wenn sie zum Teil auch merkwürdigePreisvorstellungen entwickelten: 10,50 DM für einen Espresso (ca. o,1 ml)…
Ansonsten ein sehenswertes örtchen: Marcus-Platz, Dom, Rialto-Brücke, Gondeln – alles was das Touri-Herz begehrt.

Und dann begann das große Abenteuer: gegen 18 Uhr bestiegen wir die Fähre Venedig – Patras, die uns für dienächsten 36 Stunden (er)tragen sollte. Deckspassage: Schlafsäcke, Luftmatratzen, Kühltaschen, Waschbeutel,ohrenbetäubender Motorenlärm (20.000 PS unter der „Haube“) und Dieselgestank, Kino, essen und schlafen,schlafen, schlafen…

03.05., 05.35 Uhr Wecken – leichte Desorientierung, ach so, Patras. Endlich in Griechenland!Also ging`s runter vom Schiff, rein in den Bus, ab nach Olympia. Das war dann auch das Ende der Faulenzerei:ab jetzt war Kultur(-schock) angesagt:
Erster Programmpunkt: Stadionlauf (Olympiasieger Christian F.) mitUnterhaltungsshow von David H., Besichtigen der Ausgrabung mit Zeustempel, Leonidaion, Phidiaswerkstatt etc.Dann ins Museum mit dem Studienfahrthefter in der Hand, um die darin gestellten Fragen zu beantworten.Nach dem Mittagessen stiegen wir in den Bus und schlängelten uns hinauf nach Arkadien zu dem in 1.100 m Höhegelegenen Tempel des Apollon Epikouros von Bassai, der seit 8 Jahren – als wär`s ein Werk von Christo – untereiner Zeltkonstruktion verschwunden ist, und, so geschützt, auf seine Restaurierung wartet.Dann wieder hinunter zum Meer über eine enge, kurvige Straße, sehr kurvig, zu kurvig für einige…Am Abend erwartete uns ein tolles Hotel in Kalamata. Endlich ein richtiges Bett und seit 4 Tagenwieder eine Dusche.

04.05. Von Kalamata ging`s über den 2.500 m hohen Taygetos auf z.T. abenteuerlichen Straßen nach Mistras,einer romantischen Ruinenstadt aus byzantinischer Zeit. Allein hier hätte man alle Filme verknipsen können,doch wir waren ja erst am Anfang unserer Reise. Also hieß es: Maß halten und auf so manch schönes Fotoverzichten. 13.30 Uhr versammelten wir uns vor dem Leoniodas-Denkmal in Sparta, der einstmals mächtigstenStadt auf der Peloponnes, was man ihr aber heute nicht mehr ansieht. Außerdem waren wir noch so von Mistraserfüllt, daß uns das Theater von Sparta keine Rufe der Begeisterung mehr entlocken konnte.Das konnte dann schon eher das Meer an unserem Quartier in Tolon, in das wir uns dann stürzten(erst ins Quartier, dann ins Meer!).

In den nächsten drei Tagen unternahmen wir Touren durch die Argolis, besuchten das Asklepios -Heiligtum in Epidauros, das Theater von Argos (welches mit seinen knapp 20.000 Sitzplätzengeringfügig größer als das allseits bekannte Landestheater Eisenach ist),Nauplia, die erste Hauptstadt des modernen Griechenland, mit der über 1000 Stufen zu erreichenden FestungPalamidi – ein besonderer Genuß in der Mittagshitze (32° C im Schatten, nur leider gab es keinen Schatten!).Für diese Anstrengung wurden wir jedoch mit einem wirklich grandiosen Blick in die Argolis belohnt.Auf dem Programm standen auch Mykene, wo, wie auch sonst, nette Rentner mit Dauerwelle jedes Foto versauten,und Tiryns; großzügigerweise hatte uns Herr K. den Nachmittag zum Baden freigegeben, an dem es, wie solltees auch anders sein, heftig regnete, stürmte, gewitterte…

07.05. – Wie immer viel zu früh, nämlich mitten in der Nacht um 9 Uhr, ging`s weiter nach Nemea – dasschlechte Wetter hielt an und kümmerte sich vorerst nicht um unsere Kleiderordnung – zumUnterhaltungsprogramm mit David H., Teil II. Zufällig gab es hier auch ein Stadion, einen Zeustempelund ein wirklich hervorragendes Museum. Das Wetter besserte sich, wir wandelten auf des PaulusSpuren über die Agora von Korinth, rutschten durch die Peirene-Quelle, besuchten -, na, richtig!:ein Museum und machten einen Abstecher auf die Festung Akrokorinth, was zwar nicht plangemäß,aber doch sehr reizvoll war. über den Kanal von Korinth (79 Meter tief, 33 breit), ging`s schließlichweiter nach Athen. Athen ist eine wild wuchernde, richtig häßliche Betonstadt; wir waren dort in dem“schönsten“ Hotel unserer Reise untergebracht: überhitzte Zimmer mit Blick auf schmuddelige Innenhöfe, Parkhäuser,Müllberge, außerdem Autolärm, Benzingestank… Wir hatten also die Wahl zwischen Hitzetod und Bleivergiftung.Alle Straßen dieser Stadt sehen gleich aus (so daß es schon möglich ist, den Bus zu verlieren, was, welch einZufall, auch tatsächlich geschah!). Trotzdem war es schön, abends durch die Altstadt zu schlendern und malwieder Großstadtluft zu atmen. Tags darauf krochen wir im dichtesten Touristengedränge über die Akropolis,rutschten vom Areopagfelsen, genossen die Kühle der Stoa des Attalos, verweilten – mit Gedenkminute – in derTodeszelle des Sokrates und waren den Kunst- und Kulturbanausen des Mittelalters dankbar, daß sie wenigstenseinen Tempel, nämlich den des Hephaistos, für uns Touris vollständig stehengelassen haben.
Gegen 15 Uhr fuhren wir schließlich ab nach Delphi, der letzten Station unserer Reise, überfielen zwischendurcheinen Supermarkt, um uns für die Heimfahrt mit Feta, Oliven, Weißbrot, Keksen einzudecken.In Delphi selbst verursachten wir beim Entladen unseres Busses vor dem Hotel etwa eine halbe Stundelang ein Verkehrschaos auf einer der beiden Straßen des Ortes und feierten abends Christines Geburtstag.

10.05 – Endlich länger geschlafen – da dies der letzte Tag in Griechenland war, stand nicht mehr allzu vielauf dem Programm: nach einem dürftig-krümelig-scheußlichen Frühstück und dem anschließenden Belade-Chaos desBusses (siehe oben) sogen wir Landschaft, Schatzhäuser, Tempel, Theater, Stadion und diverse berühmteim Museum ausgestellte Kunstwerke in uns hinein. Die anschließende Fahrt nach Patras bot Gelegenheit,tränenreich den Abschied von Griechenland zu zelebrieren.

Um 23 Uhr ging`s schließlich auf die Fähre zurück nach Venedig. Auch der Himmel weinte am nächsten Morgenund hätte uns in einem spektakulären Unwetter beinahe von Bord gespült. Ansonsten war es eine ruhige Fahrt,die wir uns mit dem (zollfreien) Ausgeben des letzten Geldes vertrieben, und nach 33stündiger Passagehatten wir wieder festen Boden unter den Füßen. Wei-tere 14 Stunden nervtötender, gesäßpeinigender Busfahrtspäter erreichten wir unsere geliebte Heimat – und zogen uns endlich zu einem mehrtägigen Schlaf zurück.

Alles in allem war es eine zwar anstrengende, trotzdem aber wunderschöne Studienreise, die sicherlich jedem vonuns viel gebracht hat und an die wir noch lange denken werden – mit etwas Sehnsucht.

Felix L.