Schultheaterförderpreis

FÜR DIE „THEATERNASEN“ AUS GERSTUNGEN

Urkunde_Erfurt_2012 Urkunde_Meiningen_201217 Theaterstücke in 6 Tagen. Klingt anstrengend. Ist es auch! – In der vergangenen Woche waren die „theaternasen“ des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums Gerstungen unterwegs, um ihre eigene Inszenierung „ajax·müller·horatier“ zu zeigen, sich andere Stücke Thüringer Schultheatergruppen anzusehen und unter professioneller Anleitung zu besprechen. Den Anfang dieses Theater-Marathons machten die 12. Südthüringer Schultheatertage in den Kammerspielen in Meiningen, danach ging es weiter in die „Schotte“ nach Erfurt zu den 20. Thüringer Schultheatertagen, für die die aktuelle Produktion der Gerstunger ausgewählt worden war und dort mit dem mit 1.500 Euro dotierten Schultheaterförderpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen ausgezeichnet wurde. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem:

 

Die theatralen Mittel sind sparsam und eindrücklich eingesetzt. Der Gestus thesenhaft zeigend, fragend, und immer wieder brüchig; die Darsteller selbstbewusst und präsent in jeder Phase des Spiels, stark als Gruppe und verletzlich als einzelne; die Ausstattung ästhetisch und bestechend klar.
Die Gruppe wagt viel: Sie untersucht den Menschen in seinem widersprüchlichen Handeln, ringt um Erkenntnis und moralisches Urteil, thematisiert die Rolle des Wortes und der Kunst in einer verblödenden Welt, zeigt auf und lässt nicht locker.

Die Gruppe und die Zuschauergewinnen viel: Ein ambitioniertes Lehrstück in bester Tradition von Brecht über Heiner Müller bis zu Einar Schleef, das der Thüringer Theaterszene zu aller Ehre gereicht.

 

Welch ein Lob! Welch ein Ansporn für die 12 Spieler der „theaternasen“ und ihren Spielleiter Clemens Krause, auch im nächsten Schuljahr ein Stück auf die Bühne zu bringen, das Spieler und Publikum gleichermaßen fordert und unterhält.

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20. Thüringer Schultheatertage 2012, 11.- 14.07.2012, Erfurt

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Eigenproduktion nach Heiner Müller

Theatergruppe „theaternasen“, Klasse 10-12, Philipp-Melanchthon-Gymnasium Gerstungen Spielleitung: Clemens Krause

 

 

Vieles ist schwer auszuhalten an dieser Inszenierung:

Schier endlos schauen wir zu Beginn den Darstellern beim Nachdenken zu, dann werden wir mit Wucht ins kalte Wasser der Unkenntnis geworfen: Wer hat gesiegt? Wer hat gemordet? Und warum?

Und immer wenn wir glauben, wir wissen nun, worum es geht, kommt eine neue Frage ins Spiel:

Wer schweigt beim Interview? Warum fällt einer dreimal in die gleiche Klärgrube? Und was ist mit Europa, dem Kommunisten im Gulag und mit der ersten Reihe, in der wir alle sitzen? Und genau das macht die besondere Qualität der Inszenierung aus.

 

Wir als Zuschauer sind in höchstem Maße gefordert: Wir fragen uns, wir entdecken Verbindungslinien zwischen den Textbruchstücken und verlieren sie wieder, wir fällen Urteile und verwerfen sie, wir sind verwirrt und fragen uns erneut.

 

Die in aller Komplexität klar strukturierte Inszenierung erzählt die Geschichte vom Horatier -als Sieger gefeiert, als Mörder verachtet – von ihrem Ende her. Die Fragen nach Ehre und Schuld, die eigentlich erst nach seinen Taten steht, werden uns immer und immer wieder entgegen geworfen, gerufen, geschrien.

Und schon hier zeigt sich das besondere Geschick, mit dem die Stückcollage gebaut ist: Verhandelt werden die Fragen auf vielen verschiedenen Ebenen: Die Spieler fragen uns, sie fragen sich selbst und gegenseitig, das Volk Roms fragt sich und uns. Auf der Bühne wird der Streit des Volkes (oder der Streit der Spieler?) zum Krieg zwischen Horatiern und Curiatiern. Nun wird gekämpft, dass die Fetzen fliegen, laut und unbarmherzig, erstochen, geschrien, geweint, gerichtet und geköpft.

 

Und am Ende geht es gar nicht mehr um die Tat, sondern um das Wort, das bleibt – denn „die Worte fallen in das Getriebe der Welt uneinholbar kenntlich machend die Dinge oder unkenntlich.“ So ist es nur folgerichtig, dass die Inszenierung stark auf die Kraft der Worte setzt.

Das Stück verfolgt mit dem zweiten Text von Heiner Müller „Ajax“ die Blutspur von Rom bis ins massenmörderische 20. und ins mediale 21. Jahrhundert.

Die theatralen Mittel sind sparsam und eindrücklich eingesetzt: Chorisches Sprechen, großes, ausgestelltes Agieren, Bilder, die einfrieren und sich beim Betrachter einbrennen. Die gespannten Körper zu Beginn des Krieges, das riesige Beil über dem Kopf des Horatiers, das Starren in den Fernseher im schwindenden Licht.

Der Gestus thesenhaft zeigend, fragend, und immer wieder brüchig; die Darsteller selbstbewusst und präsent in jeder Phase des Spiels, stark als Gruppe und verletzlich als einzelne; die Ausstattung ästhetisch und bestechend klar.

 

Die Gruppe wagt viel: Sie untersucht den Menschen in seinem widersprüchlichen Handeln, ringt um Erkenntnis und moralisches Urteil, thematisiert die Rolle des Wortes und der Kunst in einer verblödenden Welt, zeigt auf und lässt nicht locker.

Die Gruppe und die Zuschauergewinnen viel: Ein ambitioniertes Lehrstück in bester Tradition von Brecht über Heiner Müller bis zu Einar Schleef, das der Thüringer Theaterszene zu aller Ehre gereicht.

Die Jury der 20. Thüringer Schultheatertage